Vorträge

Winter – Sport – Kunst, Vortrag anlässlich der Finissage der Ausstellung „Wintersport. 22 Positonen in der zeitgenössischen Kunst“, Kunstforum Montafon, Schruns, Austria,
14. Januar 2007 im Heimatmuseum Schruns.

Wie Sie vielleicht aus der Ankündigung meines Vortrags wissen, lebe ich in Berlin – einer Stadt, die zwar nicht gerade für ihre Bedeutung als alpines Skigebiet bekannt ist, doch immerhin für ihre vielen Wintersportliebhaber. Ich habe Ihnen diese Abbildung einer Zeichnung aus der Zeitschrift die „Lustigen Blätter“ mitgebracht. Sie sehen hier Berlin im Schnee, besser gesagt den berühmten Potsdamer Platz – er war in den Goldenen Zwanzigern nicht nur der Verkehrsknotenpunkt der jungen Metropole Berlin, sondern darüber hinaus der verkehrsreichste Platz Europas. Diese Zeichnung wurde im Jahr 1925 gedruckt: Der Zeichner (W. A. Wellner) nimmt hier augenzwinkernd Bezug zum „Platzproblem“ am Potsdamer Platz.

 

Für das Skilaufen und sogar Skispringen bot Berlin um die Jahrhundertwende und in der jüngeren Vergangenheit bis heute allerdings etwas bessere Möglichkeiten als wir sie in dieser Pressezeichnung von Wellner zu sehen bekommen – und das zeigt diese kolorierte Zeichnung mit dem Titel „Schneeschuhfahrten im Grunewald bei Berlin“ aus dem Jahr 1903 von Ernst Hosang (1857-1884): Abgedruckt wurde dieses fröhliche – geradezu alpine Treiben – in der überregional angesehenen Berliner „Vossischen Zeitung“1 und in dem Magazin „Buch für Alle“: Hier rühmt der Begleittext die Verwegenheit der Damen, sich ihren Kavalieren bis hin zu dem Wagnis anzuvertrauen, „mit den Füßen auf den gleichen Schneeschuhen Platz zu nehmen, die schon die Herren der Schöpfung tragen, um sich, an deren Schultern festhaltend, mit zu Thale befördern zu lassen.“2

Einer der beiden höchsten Berge Berlins (vielleicht sollte ich lieber von Erhebungen sprechen) ist der Teufelsberg: Er ist rund 115 Meter hoch und von 1967 bis Mitte der siebziger Jahre war hier ein Schlepplift in Betrieb. Darüber hinaus gab es sogar eine Sprungschanze. Beim Teufelsberg handelt es sich um einen der so genannten Trümmerberge, die nach dem 2. Weltkrieg aufgeschüttet wurden (1950-1972). Ende der Siebziger Jahre wollte der Berliner Senat dort Liftanlagen und sogar Schneekanonen installieren. Ende der Neunziger bemühte sich der Skiverband erneut darum – doch beide Male wurde nichts draus. Dafür wurden Grasskirennen veranstaltet. Am 28. Dezember 1986 anlässlich der bevorstehenden 750-Jahr-Feier Berlins wurde sogar ein Ski-Weltcup samt Parallelslalom mit den Gästen Ingemar Stenmark, Markus Wasmeier, Rosi Mittermaier und Christian Neureuther ausgetragen. Leider wurde es – wie dieses Foto dokumentiert – eine sehr verregnete Veranstaltung. Soviel zu Berlin als Wintersportort. (...)

1 Die Vossische Zeitung war eine überregional angesehene Berliner Zeitung, deren Erscheinen 1934 eingestellt wurde. Sie vertrat die Positionen des liberalen Bürgertums. In der Berliner Presselandschaft nahm sie eine historisch begründete Sonderrolle ein: sie war – über ihre direkten Vorgänger – die älteste Zeitung der Stadt.

2 Hanns Glöckle: Geschichte des Sports. Nach Bildreportagen 1840-1900. Holzstiche aus dem historischen Sportarchiv Adidas, München 1987, S. 165.